Glarus, Ostschweiz
Ausstellung Kunsthaus Glarus: Heimspiel
Das „Heimspiel“ im Kunsthaus Glarus wird vom 14. Dezember bis zum 2. Februar ausgerichtet. Die kommen aus den Ostschweizer Kantonen Thurgau, St. Gallen, beiden Appenzell und Glarus, aus dem Fürstentum Liechtenstein und Vorarlberg. Der Thurgau ist mit 25 Prozent, und St.Gallen mit 48 Prozent vertreten. Von 476 Bewerbungen sind rund 70 Kunstschaffende ausgewählt worden. 19 Positionen mit 20 Kunstschaffenden sind zu sehen, davon zwei mit Glarner Bezug. Ein “Heimspiel“ ist die Ausstellung eher nicht, wenn einheimisches Schaffen gemeint ist. Mit diesem Beitrag verabschiede ich mich vom Kulturblog der Glarner Agenda - er wird 2025 als Folge der Spassmassnahmen nicht weitergeführt.
Ein Heimspiel?
„Heimspiel“ müsste nach dem Namen gedacht einen repräsentativen Ausschnitt aus dem Kanton Glarus zeigen. Dem ist nicht so! In den Kreis der 20 Ausstellenden im Kunsthaus haben es 2 Kunstschaffende mit mehr oder weniger starken Glarner Wurzeln geschafft, also 10%. Dabei fällt auf, dass diese Kunstschaffenden immer wieder in der Auswahl auftauchen. Dass vielfach die gleichen Kunstschaffenden über einen längeren Zeitraum ausgewählt werden, bestätigt sich auch in anderen Kantonen.
In einer ersten Runde haben die Leitungen der Ausstellungshäuser eine persönliche Auswahl getroffen. Sie haben auf räumliche Aspekte, auf die Qualität und die Einpassung in das Konzept geschaut. Gut für die Besuchenden wäre zu erfahren, was „Qualität“ bedeutet. Könnte es um die technische Fertigkeit, die Schönheit oder um einen Inhalt, der Emotionen auslöst gehen? …Oder um ganz andere Dinge? Vergleichen sie selbst die gezeigte Bilderauswahl! In der zweiten Runde sind die Ausgewählten auf die fünf verschiedenen Standorte nach vorgegebenen Kriterien zugeteilt worden.
Das Kunsthaus schreibt zur Ausstellung: „Mit den ausgewählten künstlerischen Positionen berühren wir thematisch Bereiche an der Grenze zwischen Vorstellung und Wirklichkeit. Die Auseinandersetzung mit dem Surrealen, dem Apokalyptischen, dem Psychoanalytischen kann in vielfältige Richtungen abstrahlen und verschiedene visuelle Genres aufrufen…. An der Grenze von Vorstellung und Wirklichkeit erscheint der Begriff der Gestalt. Er bezeichnet die äussere Form oder die Erscheinung einer Wahrnehmung, ihre Darstellung und aber auch deren Wirkung und Präsenz…Das Kunsthaus Glarus widmet sich dem Begriff „Gestalt“, eine philosophische oder psychoanalytische Figur des Übergangs und des Mysteriums“. Sätze, die hohe Erwartungen auslösen und zu klären sind.
Die Gestaltpsychologie beschreibt die Wahrnehmung als Ganzes, mit stärkerer Bedeutung als die Summe der Einzelteile. Es geht um die menschliche Wahrnehmung als Fähigkeit, Strukturen und Ordnungsprinzipien in Sinneseindrücken auszumachen. Die sinnliche Wahrnehmung ist im Zentrum, als Gegenpol zur Intuition.
Die Psychoanalyse ist von Sigmund Freud entwickelt worden. Es handelt sich um eine psychologische und Kultur-Theorie, eine Behandlungsform und Methode zur Selbsterfahrung. Die Theorie geht von Konflikten und traumatischen Zuständen aus.
Der Surrealismus ist eine geistige Bewegung der 1920-er Jahre als Lebenshaltung und Lebenskunst gegen traditionelle Normen. Eine avantgardistische Kunst-Strömung, die sich gegen die traditionellen Normen stellt und vom Unwirklichen inspiriert ist.
Als Besucher:in der Ausstellung überprüfen Sie am besten, was sie in welcher Form bei den gezeigten Werken vorfinden. Die publizierten Arbeiten aus dem Kunsthaus helfen mit nachzuvollziehen, dass Grenzbereiche zwischen Vorstellungen und Wirklichkeit aufgezeigt werden. Ich habe den Eindruck erhalten, dass viele Arbeiten nur für einen begrenzten, inneren Personenkreis zugänglich sind. Spirituelle Erkenntnis-Wege werden beschritten, synonym mit „Esoterik“ oder „Mystik“, welche auf ein höheres Wissen hindeuten.
Glarner Positionen am Heimspiel
Das Kunsthaus Glarus lotet anhand des Begriffs der „Gestalt“ die Grenzen zwischen Vorstellung und Wirklichkeit aus. Vertreter:in dieser Ausrichtung sind Sahra Burger und Tomas Baumgartner. Zu den einzelnen Positionen habe ich chat-gpt zu Rate gezogen und Informationen zu den Kunstschaffenden gefunden. Bei einem ansprechenden Bekanntheitsgrad der Kunstschaffenden wird dies erfüllt.
Sarah Burger:
05_Landscapes, Alphbet_Burger_Pachev2024
Sarah Burger beschäftigt sich vor allem mit Licht, Farbe, Raum und Wahrnehmungen, die dabei entstehen können. Die Kunsthistorikerin Eva-Maria Stadler hat zu einer Installation das Folgende geschrieben: „Die Wirkungen der Lichtinstallation beziehen sich auf vier Lichtperioden des Jahres und verbinden mit den Installationen räumliche Siedlungsareale. Die Installation überzeugt durch eine subtile und poetische Intervention“.
Tomas Baumgartner:
Untitled 2023
Als Ausgangspunkt dienen dem Künstler die eigene Erfahrung sowie die Auseinandersetzung mit Wirkungen und Eigenschaften von unterschiedlichen Materialien. Im Interesse sind sowohl Materialien, die in einer bekannten Umgebung zu finden sind und auf einen intimen Raum verweisen, aber auch Materialien, die Assoziationen zur Infrastruktur und zum gestalteten öffentlichen Raum wecken.
Mein letzter Blog für die Glarneragenda
Der Kanton Glarus hat den Kulturblog der Glarneragenda, im Rahmen der Einsparungen, gestrichen. Die Blogbeiträge haben 2023, gemessen bis Oktober, 4205 Leser gezählt. Über das ganze Jahr ist mit rund 5000 Lesern:innen zu rechnen, was einem Plus von rund 40% entspricht, eine deutliche Steigerung zu 2022 mit total 3482 Aufrufen im Jahr. Der Gesamtanteil der Aufrufe zu Inhalten auf der Glarneragenda beträgt rund 20%. Die Glarneragenda ist vor allem als Veranstaltungskalender genutzt worden. Die Absprungrate bei den Texten auf dem Kulturblog ist mit 20% tief, so dass davon ausgegangen werden kann, dass viele Blogs zu Ende gelesen worden sind. Schade, dass eine erfreuliche Entwicklung nun unter den Sparhammer kommt.
Ich nehme diese Ausgangslage zum Anlass, ein paar Gedanken zum aktuellen Kunstmarkt zu machen. Besten Dank für die Aufmerksamkeit, welche meine Beiträge gefunden haben. Als Blogger bin ich weiter an der Universität St. Gallen engagiert.
Der Kunstmarkt 2024
Der Kunstmarkt umfasst rund Dollar 65 Milliarden Wertschöpfung pro Jahr. Auktionshäuser, Sammler, Galerien, Kunstmessen oder Museen tragen zu dieser Wertschöpfung bei. Charakteristisch für den Kunstmarkt ist seine Intransparenz. Es wird immer wieder vermutet oder festgestellt, dass mit den Ankäufen im Kunstmarkt auch Geldwäscherei oder das Vorbeiführen von Geld am Fiskus verbunden sind. Der Dolder-Besitzer liefert für die Schweiz ein prominentes Beispiel.
Das aktuelle Ranking von „Capital“ über die bekanntesten Künstler:innen verwendet für die Auswahl der Kunstschaffenden die folgenden Kriterien:
. Ausstellungen in international anerkannten Museen, beispielsweise das Museum of Modern Art in New York
. Wichtige Gruppenausstellungen, beispielsweise die Documenta
. Rezensionen zu den Kunstschaffenden
. Ankäufe von Museen
. Ehrungen mit wichtigen Preisen, beispielsweise Turner Preis
Auffallend ist, dass die Qualität der Arbeiten und die Preise der Arbeiten kein Kriterium sind, da dies objektiv kaum festgestellt werden kann. Wenn wir die Sinnstiftung, die Originalität, die Ästhetik oder die handwerkliche Fertigung als Kriterium anwenden würden, dann hat diese Ausrichtung für die bekanntesten Kunstschaffenden keine Bedeutung.
Die ersten zehn Positionen 2024 sind:
Gerhard Richter, mit 91 Jahren seit über 20 Jahren zuoberst auf der Liste
Bruce Nauman
Georg Baselitz
Rosmarie Trockel
Cindy Sherman
Olafur Eliasson
Tony Cragg
Anselm Kiefer
William Kentridge
Imi Knoebel
Der Altersdurchschnitt bei den Spitzenpositionen ist hoch. Nun mal ehrlich, wieviele dieser Kunstschaffenden sind Ihnen geläufig? Die häufigsten Künstler-Nennungen kommen aus Deutschland, USA und Grossbritannien. Auffallend ist, dass Frauen aktuell häufiger vorkommen, wie Rosmarie Trockel und Cindy Sherman.
Doch, welches sind aktuelle Trends in der zeitgenössischen Kunst? Es spiegeln sich gesellschaftliche, technologische und kulturelle Entwicklungen unserer Zeit.
. Interaktive und kooperative Kunst: Kunstschaffende integrieren das Publikum beim Erstellen der Arbeiten. Dadurch werden das Engagement und der kommunikative Austausch gefördert.
. Digitale Kunst und NFT: Die digitale Kunst ist in die zeitgenössische Kunst eingezogen. Digitale Medien werden genutzt, um neue Formen der Kunst zu schaffen. Die NFTs – Non Fungible Tokens – ermöglichen es, digitale Kunstwerke zu verkaufen und zu sammeln.
. Auseinandersetzungen mit der Umwelt: Ökologische Fragestellungen werden vermehrt thematisiert. Die Kunstschaffenden verwenden nachhaltige Materialien und setzen sich mit der Beziehung zwischen Menschen und Natur auseinander.
. Bearbeitung sozialer und politischer Themen: Die Kunst wird mehr als Plattform genutzt, um soziale Gerechtigkeit, Identität, Rassismus und andere Themen anzusprechen. Missstände erhalten mehr Aufmerksamkeit und regen zu Diskussionen an.
. Multidisziplinarität: Traditionelle Kunstformen werden häufig erweitert. Malerei, Skulptur, Performance und Videos werden parallel eingesetzt, um vielschichtige Werke zu schaffen
. Kunst im öffentlichen Raum: Street Art und Installationen erhalten eine grössere Bedeutung. Kunst wird in den Alltag der Menschen gebracht.
. Künstliche Intelligenz: Mit der künstlichen Intelligenz wird experimentiert. Neue, kreative Prozesse werden erforscht. Die Rolle der Kunstschaffenden „im klassischen Sinn“ kann in Frage gestellt werden.
Fazit: Die Kunstwelt öffnet sich mehr und mehr für andere Gestaltungsformen und Inhalte. Die Kooperation mit Kunstinteressierten wird verstärkt. Künstliche Intelligenz löst neue Gestaltungformen aus und führt zu einem neuen Profil der Kunstschaffenden. Ob es gelingt, die Intuition von Menschen mit künstlicher Intelligenz abzubilden, ist noch offen, ist vielleicht aber eines Tages möglich.
Eduard Hauser
Autor
Kulturblogger Glarus
Kontakt
Hauser Eduard
Blogger
Biäschenstrasse 10
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hauser.eduard@gmail.com
079 375 81 99
Kategorie
- Glarus
- Ostschweiz
Publiziert am
Webcode
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