Glarus
Von Talenten in unterschiedlichen Kulturen
Noch bis am 13. August findet die Filmbühne im Güterschuppen Glarus mit einem attraktiven Angebot statt: Gezeigt werden Kurzfilme aus dem Glarnerland, Filme aus der Schweiz, aus Syrien, Georgien und Frankreich. Sie alle erzählen davon, wie Talente in den verschiedenen Kulturen gelebt werden: Die Tänzerin in Frankreich, eine Familie in Syrien, ein Geflüchteter in Zürich, ein Rapper in Paris, ein Tänzer in Tiflis. Das Vorprogramm stimmt jeweils auf die Filme ein.
Am Mittwoch, 9. August, öffnet sich der Vorhang mit dem Vorprogramm um 15.30 Uhr. Das Theater „Mario nett – abgedreht“ ist ein humoristisches Familientheaterstück. Mario Nett ist am Ende. Er musste wegen eines Unfalls seinen Beruf aufgeben. In der Folge langweilt er sich und weiss nicht, was er mit dem Leben anfangen soll. Plötzlich taucht der UmkehrHerr auf. Er hilft Mario wieder auf die Beine. Um 19:30 Uhr folgt eine Einstimmung zum Film mit jazzigen Klängen. Darauf folgt der Kurzfilm „Leave a light on“, Glarus 2023.
Der Film „Das Leben ein Tanz“ startet um 20:35 Uhr. Der Regisseur ist Cédric Klapisch. Er stellt seine Figuren in den unterschiedlichsten Zusammenhängen dar. Eines ist der rote Faden: Seine Geschichten sind immer sehr von den zwischenmenschlichen Beziehungen geprägt. Es menschelt in seinen Darstellungen sehr. Diese Handschrift wird auch im präsentierten Film deutlich erkennbar. Mit 26 Jahren steht Elise kurz vor ihrem Lebenstraum, der durch das Ballettanzen geprägt ist. Sie steht vor einer Karriere als Prima Ballerina. Bei einem Sprung verletzt sie sich schwer und muss ihr Leben neu gestalten lernen. Sie reist mit ihrer Freundin Sabrina und deren Partner Loic in die Bretagne, wo sie ich mit sich selbst, ihrer Familie und den eigenen Zielen im Leben auseinandersetzt. Für diesen Prozess hilft ihr eine zeitgenössische Tanzgruppe. Im Film ist noch offen, ob es eine tanzende Zukunft gibt. Es treten Skepsis gegen Hoffnung an, ohne dass der Ausgang geklärt wäre. Tanzen ist nur eines von mehreren Themen, welche in der Geschichte angesprochen werden. Ebenso wichtig sind die Verhältnisse in der Familie, wo es breiten Gesprächsstoff gibt. Es geht um den Vater, der nicht immer für die Töchter verfügbar gewesen ist. Oder um die Mutter und die Versuche, dieser selbst nach dem Tod noch gerecht zu werden. Die Tanzvorführungen auf der Bühne sind eindrucksvoll. Sie werden ergänzt durch freiere und wildere Darbietungen. Diese Szenen gehören zweifellos zu den Höhepunkten des Films: entfesselt, kunstvoll und auch ein bisschen schräg. Die Erzählungen des Regisseurs haben immer etwas Episodenhaftes. Es ist entspannend mit der Protagonistin aufs Land zu fahren, die Fortschritte zu sehen, Gespräche zu verfolgen, zu lachen oder einfach nur die Natur der Gegend zu geniessen.
Am Donnerstag, 10. August, stellt die Politologin Lisa Marti ihre Gedanken zum heutigen Syrien vor.
Ab 20.30 Uhr folgt der französische Film „Nezouh“, unter der Regie von Souade Kaadan. Es handelt sich um ein Märchen gegen den Krieg. Zeina, eine junge Frau, lebt mit ihren Eltern im einst lebensfrohen Damaskus. Die Mutter will Damaskus verlassen, der Vater aber nicht. Er hat beschlossen, mit seiner Familie im Haus im belagerten Stadtgebiet zurückzubleiben. Eine Bombe reisst ein Loch in die Decke von Zeinas Zimmer und gibt den Blick auf den Himmel frei. Das 14-jährige Mädchen verbringt erstmals die Nacht unter freiem Himmel. Zuvor war es ihr nicht einmal erlaubt, allein ein Fenster zu öffnen. Die Familie versucht, die durch die Angriffe entstandenen Löcher in den Wänden mit Bettlaken notdürftig zu verdecken. Das Haus nimmt die Gestalt eines Zelts an. Zeina macht Bekanntschaft mit Amer, einem Jungen aus der Nachbarschaft. Er lässt ein Seil durch die Öffnung im Dach herunter, so dass Zeina die Möglichkeit hat einen ersten Eindruck von Freiheit zu erhalten. Ihre Mutter Hala und Zeina stehen vor dem Dilemma, ob sie weiter beim Vater bleiben oder Syrien verlassen sollen. So kommt es zum Streit in der Familie. Die Filmemacherin erzählt eine traumhafte Geschichte, welche die Hoffnung einer ganzen Generation zum Thema macht.
Am Freitag, 11. August, wird ab 19.30 Uhr mit Musik auf den Abend eingestimmt. Die Glarner Kurzfilmblocks „Deeper“, „Sonnenhügel“ und „Schiffere“ werden aufgeführt. Die Filme dauern 2 oder 5 Minuten. Beim „Sonnenhügel“ handelt es sich um den Masterabschlussfilm von Sämi Ortlieb.
Ab 20.30 Uhr wird der Schweizer Film „Amine – Held auf Bewährung“ von Dani Heusser gezeigt. Der Film hat an den Solothurner Filmtagen 2023 den Publikumspreis erhalten. Amine flüchtet mit 15 Jahren aus Guinea nach Europa. Er lebt als Asylbewerber am Existenzminimum in Zürich. Er initiiert das Projekt „Essen für alle“ beim Ausbruch der Coronakrise. Essen wird gratis für alle verteilt, die zu wenig Geld für Lebensmittel haben. Das ehrenamtliche Engagement von Amine macht ihn zum bekanntesten Asylbewerber in der Schweiz. Er kämpft als Abgewiesener für das Bleiberecht in der Schweiz. Der Abend bietet auch die Gelegenheit mit Vertreterinnen und Vertretern des Glarner Projekts „Ässä fair teilä“ in Kontakt zu treten.
Am Samstag, 12. August, findet die Einstimmung in den Abend mit der klassischen Sängerin Ana Djordjevic, vom Stimmwerk Glarus, und dem Rapper „Radical“ statt. Um 20.30 Uhr folgt der Film „Tenor“ von Claude Zidi Jr. Mit einer starken Kameraführung in 360-Grad Drehungen zwischen zwei Dialogen zeigt der Regisseur die Schönheit der Pariser Oper. Antoine lebt in einem Vorort von Paris. Seine Zeit teilt er sich zwischen Rapp und seinem Job als Sushi Lieferant. Per Zufall trifft er auf Madame Loyseau, die Gesangslehrerin an der Pariser Oper ist. Sie erkennt das Talent von Antoine und lässt ihn die Ausdrucksform des lyrischen Gesangs erkennen. Er beginnt die Ausbildung als Sänger, die sein Leben umkrempeln wird.
Am Sonntag, 13. August, wird die Einstimmung in den Abend mit internationaler Volksmusik gestaltet.
Um 20.30 Uhr wird der Film von Levan Akin „Als wir tanzten“ gezeigt. Der Film ist ein Drama. Die Première hat am Mai 2019 in Cannes stattgefunden. In Georgien gibt es drei wichtige Pfeiler der Kultur: Die Kirche, dermehrstimmige Gesang und der Nationaltanz. Der Film findet im Umfeld der Georgischen Nationalballetts statt. Merab ist Student an der Akademie und sein grösster Traum ist, professioneller Tänzer zu werden. Bereits seit seiner Kindheit trainierte Merab mit seiner Tanzpartnerin Mary in Georgian National Ensemble. Als Irakli neu in die Klasse kommt, sieht Merab er ihn zunächst als grossen Konkurrenten. Irakli ist charismatisch und unbekümmert. Aus der Konkurrenzsituation entwickelt sich ein starkes Begehren. Ihre Liebe muss aber im konservativen Umfeld geheim gehalten werden.
Ein vielfältiges und interessantes Kulturprogramm, das unterschiedliche Kulturen näher bringt und Geschichten aus dem Leben zeigt, die mit Träumen und Emotionen verbunden sind. Film ab, ein Besuch lohnt sich mit Sicherheit.
Eduard Hauser
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Kulturblogger Glarus
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