Den Gemeinden steht es frei, künftig auf das Organisationsmodell eines Parlaments zu setzen (im Bild der Landratssaal in Glarus). Foto: Beat Bühler
Den Gemeinden steht es frei, künftig auf das Organisationsmodell eines Parlaments zu setzen (im Bild der Landratssaal in Glarus). Foto: Beat Bühler

Nachrichten, Politik

Reform über das Gemeinderecht ist in der Vernehmlassung

Der Kanton Glarus plant eine weitreichende Neuordnung des Gemeinderechts. Im Zentrum steht die Totalrevision des Gemeindegesetzes, die den Gemeinden mehr Gestaltungsspielraum und Verantwortung übertragen soll. Der Regierungsrat selbst favorisiert ein Modell mit einem Gemeindeparlament in Kombination mit Gemeindeversammlungen. Es wird jedoch nicht verbindlich und alternativlos vorgegeben.

Der Regierungsrat schickt den Entwurf des totalrevidierten Gemeindegesetzes in die Vernehmlassung. Die Vorlage beinhaltet Änderungen in weiteren kantonalen Erlassen. Der Totalrevision zugrunde lag die Diskussion über die Organisationsform der Gemeinden. Künftig sollen die Glarner Gemeinden zwischen zwei grundsätzlichen Organisationsformen wählen können:

Gemeindeparlament in Kombination entweder mit Gemeindeversammlungen oder aber mit Urnenabstimmungen

Gemeindeversammlung

Der Regierungsrat selbst favorisiert ein Modell mit einem Gemeindeparlament in Kombination mit Gemeindeversammlungen. Es wird jedoch nicht verbindlich und alternativlos vorgegeben. Das neue Gesetz weist den Gemeinden viel Gestaltungsfreiheit zu und überträgt ihnen eine weitreichende Verantwortung. Unnötige oder mit Blick auf die politische Partizipation hinderliche Regelungen aus dem geltenden kantonalen Recht wurden nicht in das neue Gemeindegesetz überführt, z. B. verschiedene Vorschriften zu Wahlen oder die Zuweisung der Budget- und Rechnungsabnahmekompetenz an die Gemeindeversammlung. Das totalrevidierte Gemeindegesetz schafft Platz für neue Ideen, ohne Bewährtes über Bord zu werfen.

Hintergrund der Reform

Die Totalrevision wurde durch verschiedene Faktoren angestossen:

Gesetzesänderungen seit 2008
Zwei Memorialsanträge aus dem Jahr 2021 haben den Handlungsbedarf verstärkt. Zwar lehnte die Landsgemeinde 2023 beide Anträge ab, jedoch mit Blick auf die vorgesehene Totalrevision des Gemeindegesetzes. Die Themen der beiden Memorialsanträge werden im Gesetzesentwurf aufgenommen.
Ziel ist, dass sich mehr Menschen an der Politik beteiligen (politische Partizipation). Das Geschäft ist Teil der Umsetzung des Politischen Entwicklungsplans 2020–2030, mit dem der Regierungsrat die partizipative Demokratie stärken will. Daraus abgeleitet wurde in einer späteren Legislaturplanung, dass sich die Bevölkerung im Kanton Glarus einfacher an der Politik beteiligen kann.

Gemeindeversammlung ist (noch) Standard

Alle Glarner Gemeinden kennen heute ein System mit einem Gemeinderat als Exekutive und einer Gemeindeversammlung als Legislative. Zwischenzeitlich verfügte die Gemeinde Glarus Nord von 2011 bis 2016 zusätzlich über ein Gemeindeparlament. Seit längerem steht das Gemeindeversammlungssystem in der öffentlichen Kritik wegen der tiefen Beteiligungen und überladenen Traktandenlisten.


Der Gesetzesentwurf enthält folgende wesentlichen Inhalte und Änderungen:

- Das Parlamentssystem wird favorisiert; mit beratender und beschliessender Gemeindeversammlung ohne Urnenabstimmungen auf Gemeindeebene.
- Die Gemeindeversammlung ist in zwei Organisationsvarianten zentraler Bestandteil der Gemeindeorganisation; in der Versammlungsgemeinde und in der Parlamentsgemeinde mit Gemeindeversammlung.
- Gemeinden können zwischen einem Modell mit oder ohne Parlament wählen. Ein Verzicht auf beide ist nicht möglich.
- Als Untervariante kann eine Parlamentsgemeinde auf eine Gemeindeversammlung verzichten und diese durch Urnenabstimmungen ersetzen.
- Die Geschäftsprüfungskommission wird gestärkt, prüft die finanzielle und die sachliche Angemessenheit von Geschäften; ihr obliegt die Recht- und Zweckmässigkeitsprüfung.
- Das neue Recht macht für Parlamentsgemeinden wenige Vorgaben (Zuständigkeit, Parlamentsgrösse) und verzichtet für Versammlungsgemeinden weitgehend darauf.
- Das fakultative Referendum bleibt einfach zugänglich; Fristen und Anzahl benötigter Unterschriften bleiben unverändert. Die Gemeinden bezeichnen die referendumspflichtigen Geschäfte; die Stimmberechtigten sollen sich nur noch mit Geschäften von besonderer Tragweite oder entsprechendem Interesse zu befassen haben.
- Wahlen sind grundsätzlich an der Urne durchzuführen und im Übrigen entweder durch den Gemeinderat oder das Parlament, möglichst nicht durch die Gemeindeversammlung.
- Die Mitglieder des Wahlbüros amten als Stimmenzähler bei Gemeindeversammlungen.
- Eine geheime Abstimmung kann von einem Viertel der Versammlungsmitglieder beantragt werden; Urnenabstimmungen sind nicht mehr möglich.
- Gemeinden fördern die Teilnahme an Gemeindeversammlungen indem sie frühzeitig informieren.
- Gemeinden können das Ausländerstimmrecht in Gemeindeangelegenheiten einführen.
- Die Wahl des Gemeindeführungsmodells obliegt den Gemeinden.
- Die Vernehmlassung dauert bis zum 31. Oktober 2024. Die Vernehmlassungsunterlagen sind auf der Website des Kantons Glarus publiziert.

Autor

Staatskanzlei des Kantons Glarus

Kontakt

Kanton Glarus
Staatskanzlei
Rathaus
8750 Glarus
staatskanzlei@gl.ch
+41 55 646 6111

Kategorie

  • Berichte News
  • Schweiz

Publiziert am

03.09.2024

Webcode

www.glarneragenda.ch/SsTmCv