Standbau Hug AG (Näfels) an der «Night of Light» vom 22. Juni 2020
Standbau Hug AG (Näfels) an der «Night of Light» vom 22. Juni 2020
Rathaus Glarus an der «Night of Light» vom 22. Juni 2020
Rathaus Glarus an der «Night of Light» vom 22. Juni 2020
Das Gebäude der Firma Dry Lightning (Schwändi) an der «Night of Light» vom 22. Juni 2020
Das Gebäude der Firma Dry Lightning (Schwändi) an der «Night of Light» vom 22. Juni 2020
Bild: nightoflight.ch
Bild: nightoflight.ch

Kultur

Etwas fehlt

Ohne Zweifel: Von der Covid-19-Krise sind alle betroffen. Ohne Zweifel: Den Kulturbetrieb trifft es besonders stark. Er war von Anfang an betroffen und wird am längsten betroffen bleiben. An der «Night of Light» hat die Veranstaltungsbranche auf ihre kritische Situation aufmerksam gemacht und ihre Gebäude in rotes Licht getaucht. Im Kanton Glarus waren es drei Bauwerke.

Fahrtsfeier: abgesagt. Kerenzerbergrennen: abgesagt. Stadtopenair: auf 2021 verschoben. Glarner Messe: findet nicht statt. Landsgemeinde: offen. Die Massnahmen der Covid-19-Krise haben das kulturelle Leben auch im Kanton Glarus stark eingeschränkt. Das ist ein immer spürbar werdender herber Verlust für die Gesellschaft. Und das beeinflusst das Überleben der Veranstaltungsbranche, die seit dem Lockdown keinen Umsatz mehr macht.

Akutes Gesundheitsrisiko für die Veranstaltungsbranche

Gemäss Kulturstatistik des Bundes waren in der Kultur- und Kreativwirtschaft 2013 mehr als 275'000 Personen in rund 71'000 Betrieben beschäftigt – das sind über 10,9 Prozent aller Betriebe. Der Anteil Beschäftigter an der Gesamtwirtschaft von 5,5 Prozent ist vergleichbar mit der Finanz- oder der Tourismusbranche. Die Kultur- und Kreativwirtschaft generiert einen Gesamtumsatz von rund 70 Milliarden Franken. Im Unterschied zur produzierenden Branche sind weggefallene Umsätze nicht nachholbar. Analysen gehen von einem 80- bis 100-prozentigen Umsatzausfall aus. Die Insolvenzgefahr für die gesamte Branche ist akut.

Schweizweiter Branchendialog mit der Politik

Im Gespräch mit der Politik will die Veranstaltungsbranche tausende Arbeitsplätze sichern. Um den Dialog in Gang zu bringen, wurden an der «Night of Light» mehr als 1000 Objekte mit rotem Licht eingefärbt. Der Aufruf dazu startete in Deutschland und zog sich durch Belgien, Österreich und die Schweiz. Die Unternehmen aus der Veranstaltungsbranche wurden aufgerufen, ein gemeinsames Zeichen zu setzen. Im Kanton Glarus leuchteten von 22 bis 24 Uhr das Rathaus im Kantonshauptort Glarus sowie die Gebäude der Standbau Hug AG in Näfels und der Firma Dry Lightning in Schwändi rot.

Positive Signale für die Veranstaltungsbranche

Am 19. Juni hat der Bundesrat weitere Lockerungen angekündigt: Veranstaltungen und Versammlungen mit bis zu 1000 Personen sind wieder erlaubt. Das Nachverfolgen von Kontakten muss möglich sein. Der Veranstalter muss sicherstellen, dass die Zahl der maximal zu kontaktierenden Personen nicht grösser als 300 ist – etwa durch die Unterteilung in Sektoren. Grossveranstaltungen von mehr als 1000 Personen sind ab Anfang September wieder erlaubt, sofern sich die epidemiologische Lage nicht verschlechtert. Das mag ein Schritt in die rettende Richtung sein. Es wird sich aber zeigen, was das alles in der Umsetzung bedeutet. Die Wirtschaftlichkeit ist auch mit den Lockerungen vielerorts nicht gegeben.

Langer Weg zur Normalität

Durch die mehrmonatige Zeitverzögerung zwischen Planung und Durchführung ist in der gesamten Veranstaltungsbranche die Normalität noch weit weg. Die aktuellen Lockerungen verbessern die Planungssicherheit nicht wesentlich. Es bleibt zum Beispiel bis zur Verfügbarkeit eines Impfstoffes jederzeit die Möglichkeit, dass lokal neue Infektionsherde entstehen und Events kurzfristig abgesagt werden müssen – aktuelles Beispiel ist der Lockdown in der deutschen Stadt Gütersloh.

Kostbare Veranstaltungsbranche

Kultur kostet – und deshalb ist Kultur auch ein Wirtschaftsfaktor. Das macht die Covid-19-Situation der Veranstaltungsbranche deutlich. Man mag von der Kommerzialisierung der Kultur halten, was man will. Werden aber Veranstaltungen – aus welchen Gründen auch immer – eingeschränkt oder abgesagt, können tausende Menschen, die mit Herzblut ihr Brot in der Veranstaltungsbranche verdienen, wirtschaftlich nicht überleben. Mit der Branche ist deshalb auch das kulturelle Leben akut gefährdet. Allein auf die Freiwilligkeit zu setzen, mag ein hehres Ziel sein, kann aber verheerende Folgen für Art und Umfang des kulturellen Angebots haben.

Offenes gesellschaftliches Ventil
Es mag sein, dass wir es im Moment noch nicht merken. Es mag aber auch sein, dass das Ventil längst offen ist und Menschen genau wegen des ausbleibenden kulturellen Lebens und Angebots auf die Strasse gehen – zwar nicht für die Kultur, aber gegen die Covid-19-Einschränkungen, gegen Rassismus oder mit dem getunten Sportwagen für mehr Aufmerksamkeit. Bei allem Verständnis für die strikten Verhaltensregeln, denen die Menschen in der Schweiz seit dem 16. März ausgesetzt sind, muss auch die Kultur wieder mit im Boot der gesellschaftlichen Entwicklung sein. Denn ihre Rolle können auch während einer Pandemie die Politik, die Wirtschaft und das Gesundheitswesen nicht auch noch übernehmen.

Kein rotes Licht? Kein Problem!

Lade einfach dieses Bild herunter, gib es über dein TV-Gerät wieder und erhalte hausgemachtes rotes Licht.

Autor: Werner Kälin, Ennenda

Quellen:
http://nightoflight.ch/
https://winkler.ch/de/

Bilder:
Werner Kälin (Rathaus Glarus)
Standbau Hug AG, Näfels
Claudia Kock Marty (Gebäude Dry Lightning)

Autor

Kulturblogger Glarus

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Kategorie

  • Kultur

Publiziert am

23.06.2020

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