Pétanque-Kugeln, Bild von Caroline Hernandez bei unsplash
Pétanque-Kugeln, Bild von Caroline Hernandez bei unsplash
Gekonnter Wurf, Michal Parzuchowski bei unsplash
Gekonnter Wurf, Michal Parzuchowski bei unsplash
Da liegen sie! Bild von Prometheus bei unsplash
Da liegen sie! Bild von Prometheus bei unsplash

Nouvelles / Rapports

Allez les boules!

Auf dem Landsgemeindeplatz in Glarus wird seit vielen Jahren jede Woche an einem fixen Abend Pétanque gespielt. Am Dienstag nach der Landsgemeinde geht es wieder los: eine lockere Gruppe trifft sich um 18 Uhr zum Spiel. Neue Gesichter sind herzlich willkommen!

Angefangen hat die Pétanque-Geschichte im Glarnerland mit dem gleichen Mann, der auch die Buchhandlung „Wortreich“ ins Leben gerufen hat, und dem man eigentlich ein Denkmal setzen sollte: Danke, Jonn Häberli!

 

Pétanque ist ein beliebter französischer Volkssport, er wird ohne eigens aufbereitete Bahn und ohne feste Anlage betrieben: ein Platz mit feinem Kies ist ideal. Die Regeln sind einfach, und ausserdem ist ja immer ein „Urgestein“ (oder mehrere) dabei, um Klarheit in die Beurteilung einer Situation zu bringen und die Punkte korrekt zu berechnen. Wobei es manchmal nötig ist, das Meterband zu zücken, um die Distanz zwischen den eisernen Kugeln und dem „cochonnet“ (ja, bedeutet auf Deutsch Ferkel – warum auch immer…) genau zu messen. Nach dem eigenen Wurf steht man ein bisschen herum und schaut, wie die anderen so werfen. Einzelne freundliche Kommentare drücken Anerkennung oder Bedauern aus. Für Gespräche ist da praktisch kein Raum, und das ist auch gut so. Dieses Spiel ist wohl fast der einzige gesellschaftliche Anlass, wo man sich trifft und etwas zusammen macht, ohne viel reden oder zuhören zu müssen. Das gefällt mir unheimlich gut! Gleichzeitig ist man an der frischen Luft ist, bewegt sich, und stellt im Team mit anderen Menschen seine Geschicklichkeit unter Beweis. 

 

Gespielt wird nach festen Regeln, dennoch hatte ich nie das Gefühl, dass ein Wettkampf stattfindet. - Ja, ich spiele jetzt auch! Pünktlich zum Saisonstart bekomme ich meine eigenen Kugeln (bisher habe ich mit Leihkugeln gespielt, welche jemand aus der Gruppe neuen Mitspieler:innen zur Verfügung stellt). Falls ich wieder einmal nach Frankreich in die Ferien fahre, kommen meine Kugeln mit. Denn ich gehöre jetzt dazu und darf spontan mitspielen. So eine Art Sport ist das!

 

1910 wurde Pétanque (provenzalisch für „péd tanco = geschlossene Füsse) in Südfrankreich erfunden, als Abwandlung des „Jeu provençal“, das mit einem Anlauf von drei Schritten gespielt wurde – einem Anlauf, der für einen Mitspieler mit zu grossen Schmerzen verbunden und deshalb unmöglich geworden war. Also erfand ein Freund des Geplagten eine Spielvariante, bei der aus dem Stand geworfen wird. Pétanque spielen können Menschen deshalb bis ins hohe Alter, auch ein Zipperlein hindert einen nicht wirklich daran. Wer sich nicht bücken kann, der oder die hilft sich mit einem „ramasse boule magnétique“, auf neudeutsch Pick up tool. So sind die Einschränkungen bald vergessen und die Spielfreude tritt in den Vordergrund. 

 

Die Zeit vergeht wie im Flug. Es ist erstaunlich wie zufrieden und froh dieses Spiel mich macht. Was bestimmt auch an den sympathischen Mitspieler:innen liegt. Der Umgangston ist freundlich und positiv, wertschätzend und tolerant. 

 

Margrit Roth hat 2011 während eines Kuraufenthaltes in Bad Zurzach das Pétanque-Spiel kennen und lieben gelernt. „Warum nicht auch zuhause spielen?“ fragte sie sich. Sie hat sich an die ursprüngliche Gruppe erinnert und mit ehemaligen Mitspieler:innen zusammen die Treffen wieder ins Leben gerufen. Es erschienen über die Jahre einige Zeitungsartikel, und 2018 machte eine Aktion im Rahmen von „Sommer in der Stadt“ die Bevölkerung auf das Spiel aufmerksam. Darauf gab es einen neuen Zustrom an Interessierten. Seither hat sich der Bestand an aktiven Spieler:innen auf etwa 14 Leute stabilisiert. 

 

Eine Anmeldung ist nicht nötig. Wer am Dienstagabend bei trockenem Wetter um 18.00 Uhr auf dem Zaunplatz ist, kann mitspielen. Die Spieler:innen werden per Los, respektive selbstverständlich mit Kugelwürfen, in Gruppen zu vier Leuten eingeteilt. Je zwei Leute spielen gegen einander. Auch kleinere oder grössere Gruppen können miteinander spielen.

Und los geht’s, allez les boules!

 

 

Von Eva Gallati, Kulturbloggerin

Autor

Kulturblogger Glarus

Catégorie

  • Nouvelles / Rapports

Publié à

30.04.2024

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www.glarneragenda.ch/WKX28n